Welches Glück, Berliner sein!

Aus:  „Berlin wie es ist und – trinkt“ von Adolf Glaßbrenner, 1847

(Zur Vergrößerung die Strophen anklicken)

Das Lied stammt aus einem Heft der Reihe „Berlin wie es ist und – trinkt“, die der während des Vormärz und der Märzrevolution bekannte Berliner Satiriker Adolf Glaßbrenner unter dem Pseudonym Brennglas geschaffen hat (15. Heft, 2. Auflage, 1847). Das Heft enthält eine Berliner Posse mit dem Titel „Ein Sonntag in Tempelhof“. Solche Possen sind lustige Bühnenstücke, die oft gesellschaftliche und politische Ereignisse persiflieren. Sie enthalten meist auch humoristische Strophenlieder in Reimform, die einen markanten Refrain haben und als Couplet bezeichnet werden. Couplets finden sich später auch in Operette, Revue und Kabarett. Die Melodie zu unserem Fundstück konnten wir bisher nicht finden.

Transkription:

Auf, ihr Brüder, laßt uns singen
Unser Liedchen, das ihr wißt !
Doch die Spree soll Den verschlingen,
Der nur halb Berliner ist !
Fehlt uns auch noch Mancherlei,
Was zum Gotte nöthig sei:
Kopf und Herz am rechten Ort,
Kommt durch seine Welt man fort !
Darum, Brüder, stimmet ein:
Welches Glück, Berliner sein !

Darum, Brüder, stimmet ein:
Welches Glück, Berliner sein !

Freilich ist man mehr gemüthlich
An der Donau und am Rhein,
Denn der Schöpfer gab nur südlich
Milde Lüfte, goldnen Wein;
Doch Verstand und Mutterwitz
Gab er uns als hellen Blitz
Für die wolkentrübe Welt,
Wo man nur am Schein sich hält;
Darum, Brüder, stimmet ein:
Welches Glück, Berliner sein !

Darum, Brüder, stimmet ein:
Welches Glück, Berliner sein !

Rings bei allen deutschen Brüdern
Neckt man uns mit bitterm Scherz;
Daß wir nimmer ihn erwiedern,
Zeigt fürwahr kein kleines Herz;
Selbst verspotten wir mit Muth,
Was an uns nicht recht und gut,
Und die deutsche Bruderhand
Reichen wir durchs ganze Land !
Darum, Brüder, stimmet ein:
Welches Glück, Berliner sein !

Darum, Brüder, stimmet ein:
Welches Glück, Berliner sein !

Jedermann ist uns willkommen,
Der ein Herz in seiner Brust;
Mag von Süd und Nord er kommen,
Wir umarmen ihn mit Lust.
Nur was kriecht und ist kein Thier,
Das Geschöpf verachten wir:
Denn wer sich nicht selber ehrt,
Ist auch keiner Ehre werth !
Darum, Brüder, stimmet ein:
Welches Glück, Berliner sein !

Darum, Brüder, stimmet ein:
Welches Glück, Berliner sein !

Sucht nach keinem Blüthenflore,
Keiner Berge grünem Kranz;
Sucht Berlin nicht vor dem Thore:
Innen ist sein Werth und Glanz.
Suchet nicht nach Flittergold,
Wenn Ihr den Berliner wollt:
Tief in seinem Innern lebt,
Was den Menschen schmückt und hebt !
Darum, Brüder, stimmet ein:
Welches Glück, Berliner sein !

Darum, Brüder, stimmet ein:
Welches Glück, Berliner sein !